Magic Garden Seeds - Eine schöne Geschichte
„In einer Zeit, in der alle über das Aussterben von Arten reden, läuft alles über Kohle“, sagt Harald Schreiner. „Du musst Lieferanten aufbauen, den Kontakt pflegen und ihnen auf Dauer Sicherheit geben. Nur so funktioniert das, was wir hier machen.“ Schreiner ist Geschäftsführer von Magic Garden Seeds.
Seit über 20 Jahren gibt es hier Saatgut von besonderen und fast vergessenen Kultur und Nutzpflanzen, alten Gemüsesorten, Kräutern und Heilpflanzen aus der ganzen Welt, Wildpflanzen, Exoten, ethnobotanisch nteressante Gewächse und viele weitere Pflanzensamen.
Damit ist das Unternehmen eine weitgehende Ausnahmeerscheinung in einer Zeit, in der der Samenmarkt von großen Chemiekonzernen wie Bayer-Monsanto dominiert wird – mit gentechnisch verändertem und patentiertem Hybridsaatgut – und in der immer mehr mittelständische Saatgutvermehrer, die in Deutschland eine reiche Tradition hatten, aufgekauft wurden oder vom Markt verschwunden sind.
„Wer weiß denn heute noch, dass man Kartoffeln auch aus Samen ziehen und immer neues Erbmaterial erhalten kann, das sich auf die Umgebung einstellt?“ Und auch wenn alles über Kohle läuft, basiert das Modell von Magic Garden Seeds auf gewissen Grundwerten.
Man bietet ausschließlich samenfestes und damit voll nachbaufähiges Saatgut, keine Hybrid-Züchtungen, keine patentierten oder genetisch manipulierten Samen.
Ein breit gefächertes Netz an Lieferanten haben Schreiner und sein Mitgesellschafter Andreas Poszar sich dafür über die Jahre aufgebaut – vom Amazonas bis nach Sizilien, von Frankreich bis nach Indien, von den USA bis in die Oberpfalz. Ihnen garantieren sie alljährlich die Abnahme ihres Saatguts und tragen so zum Erhalt von seltenen und alten Kultur- und Nutzpflanzen bei. „Bei uns gibt es eben mehr als nur Schnittlauch.“, sagt Schreiner.
„Wir animieren unsere Kunden, selbst eigene Samen zu ernten und wieder auszusäen, beliebig weiterzugeben und zu kreuzen“, erzählt Schreiners Mitgesellschafter Andreas Poszar, der Mitte der 90er den Grundstein für das Unternehmen gelegt hat.
Irgendwann war es so weit, dass Poszar auch andere an den von ihm hergestellten Kontakten teilhaben lassen wollte und per Schreibmaschine einen kleinen Katalog getippt hat, den man per frankierten Rückumschlag bei ihm bestellen konnte. „Das war eine wilde Mischung aus speziellen Heilpflanzen und besonderen Gemüsesorten.“
Kräuter, Ethnobotanik, Heilpflanzen und alten Gemüsesorten – sie sind bis heute ein wichtiger Schwerpunkt von Magic Garden Seeds und den Kontakt zu dem Schamanen im Amazonasgebiet, von dem Poszar damals die ersten Samen der Ayahuasca-Liane bekam oder zu dem Alraunen-Sammler auf Sizilien pflegt er bis heute.
Im Nachgang zu einer WG-Party gründeten er und Schreiner – damals noch beide Studenten – dann 1997 in Kassel ihr erstes gemeinsames Unternehmen. Ein kleines Büro, ein Samenregal und nebenbei wurde weiter studiert. Ob sie damit Geld verdient haben? „Gute Frage. Wahrscheinlich nicht“, sagt Schreiner heute. Doch ihre Produktpalette haben sie immer weiter ausgebaut, teils gemeinsam, für ein paar Jahre dann wieder in getrennten Unternehmungen. Immer mit demselben Interesse und der gleichen Begeisterung, sehr früh, schon Ende der 90er, mit ersten Online-Shops.
2007 verschlug es Schreiner und Poszar schließlich nach Regensburg, wo sie zunächst eine Bürogemeinschaft gründeten. 2015 gossen sie die ohnehin schon bestehende enge Zusammenarbeit dann in eine gemeinsame GmbH – Magic Garden Seeds – und bauten das Sortiment weiter aus. Eine fast nicht überschaubare Auswahl an Tomaten- und Chilisorten kam dazu, auch immer mehr Blumen. „Mehr normale Pflanzen, wenn man so will“, meint Schreiner.
Im selben Jahr erfolgte die Bio-Zertifizierung des Unternehmens, durch die die komplette Lieferkette und Herstellung transparent gemacht wird. Zunehmend rückte nun auch die Entwicklung eines eigenen Designs, eigener Verpackung und eigener Marke in den Vordergrund.
Alles Arbeiten, die ebenso wie das Abfüllen der Samen, in Deutschland gemacht werden.
Mit Gunilla Lehmann holte man sich eine Mitarbeiterin ins Boot, die sich verstärkt um Texte, Fotos und Shoppflege kümmert und die den Gedanken weiterverfolgt, wie man das saisonabhängige Saatgutgeschäft übers ganze Jahr hinweg stabilisieren kann – mit der Entwicklung spezieller Produkte.
„Niemand pflanzt 24 verschiedene Samen alleine an“, weiß Gunilla Lehmann. „Er verschenkt welche, gibt sie weiter und verbreitet damit nicht nur das Saatgut, sondern auch die Faszination daran, was passiert, wenn man einen Samen in die Erde steckt und daraus eine Pflanze entsteht.“
Diese Faszination treibt Andreas Poszar bis heute um. Die ersten Samen für das Bilsenkraut im Sortiment von Magic Garden Seeds hat er selbst auf der Burgruine in Donaustauf gesammelt und dann weiter vermehrt. „Es sind also die direkten Nachfahren jener Pflanzen, mit denen die Schmerzen der früheren Burgherren behandelt wurden. Das ist doch eine schöne Geschichte.“
geschrieben von Stefan Aigner (regensburg-digital.de)